DossierDossierUnterwegs an der BEA 2023Montag, 1. Mai 2023 Vier Kategorien, 90 Kühe und eine Klassierung unter Ausschluss der Öffentlichkeit – so präsentierte sich die erste Bernische Eliteschau 1985. Mittendrin Alfred Krummen, der Züchter aus Marfeldingen. Er stellte damals die erste Miss BEA, die Miss BEA, die Knospe hiess. Heini Knospe war eine RH-Kuh, eine Kuh mit 62,5 % RH-Blutanteil, was heute zur SF-Rasse gezählt würde.

Sorgte für Hühnerhaut

Drei Jahre später konnte Daniel Oberli aus Schangnau jubeln: 1988 schlug er mit seiner reinen Simmentalerkuh Jonas Gräfin zu und holte den Miss-BEA-Titel ins Emmental. Nicht nur damals, sondern heute noch sorgt die Bernische Eliteschau für Hühnerhaut. Für Hühnerhaut, wenn heute Freitag die 35. Miss BEA in Bern gewählt wird. Die BauernZeitung hat die Familie Krummen und die Familie Oberli zu Hause besucht. Erinnerungen und Anekdoten wurden ausgetauscht, die vielen Fotos zeugen heute noch von diesem ereignisreichen Tag.

Nur die Schönsten

«Natürlich kann ich mich noch daran erinnern», sagt Alfred Krummen. Das gehe ihm immer noch unter die Haut, wenn er darüber spricht. Knospe war damals der Zeit voraus, hatte extrem viel Schliff und ein Euter, das seinesgleichen suchte. Schon im Vorfeld habe er gehört, dass eine Eliteschau ins Leben gerufen wurde. Nur die schönsten Kühe sollten dafür selektioniert werden, selektioniert an den Frühlings-Beständeschauen. «1984 stellten wir unsere Knospe schon als Erstlingskuh an der Red-Holstein-Ausstellung in Burgdorf aus», erzählt der Züchter weiter.

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Eine geheime Favoritin

Knospe gewann in Burgdorf ihre Kategorie und wurde 1985 als Zweitmelkkuh an der Frühlings-Beständeschau in Allenlüften aufgeführt. Der Experte Hans Stocker klassierte sie mit 54 45 92 im ersten Rang. Damals war die Maximalpunktzahl in den Kategorien noch anders als heute. Knospe wurde für die Eliteschau selektioniert und durfte nach Bern reisen. Diese Ausnahmekuh galt schon im Vorfeld als «geheime» Favoritin. Ohne grosse Erwartungen fuhr Krummen am Freitag, 3. Mai 1985, mit Knospe in die Hauptstadt. «Alle banden ihre Kühe in einem Zelt an und alle Besitzer mussten das Zelt wieder verlassen», so Alfred Krummen. Wärter übernahmen das Vorführen, bei der Klassierung der 90 Kühe in den vier Abteilungen war auch kein Publikum zugelassen. «Niemand hat damals seine Kühe geschoren, nicht mal das Euter», erzählt Krummen lachend. Knospe gewann dann ihre Kategorie souverän.

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Ein riesiger Blumenstrauss

Nach der Rangierung und nach dem Mittagessen wurde das Zelt für die Öffentlichkeit geöffnet und die Kühe wurden draussen in der offenen Arena dem Publikum präsentiert. Alfred Krummen im Chüjermutz, am Hornseil seine Knospe. Mit einem Stimmzettel durfte das Publikum damals seine Favoritin wählen. Gewählt haben sie Knospe, eine Seeländer Kuh, welche von der Nasenspitze bis zum Schwanzende begeisterte. «Das war schon wahnsinnig, als am Mikrofon mein Name ausgerufen wurde», erinnert sich Krummen. Neben vielen Gratulanten wurde ihm auch ein riesiger Blumenstrauss übergeben. Noch am gleichen Tag hätte er seine Knospe teuer verkaufen können. Unverkäuflich war sie damals, unverkäuflich für die ganze Familie. Knospe stammte übrigens aus dem Natursprung ab. Ihr Vater Heini (Hanover Hill Red Knight x Triple) hatten Krummens im Stall.

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Keine Hosen, keine Jacke

Knospe war sicher eine Ausnahmetochter von Heini. Hingegen war ihre Mutter Topper Helga (55 55 98) schon damals eine gewaltige Kuh. Eine Topper-Tochter, wie man es gewohnt war. «Die Paarung hat wohl gepasst», so der Züchter lachend. Schöneutersiegerin an der Eliteschau 1985 wurde übrigens die reine Simmentalerkuh Zimbo Furka von Werner Knöri aus Boltigen. «Vor 40 Jahren gab es noch keine Natels und ich suchte nach der Rangverkündigung überall nach einem Telefon, damit ich meine Frau zu Hause anrufen konnte», weiss Alfred Krummen noch. Mit Kind und Kegel ist Käthi Krummen dann nach Bern gereist, um ihren Mann, ihre Knospe und den gewaltigen Blumenstrauss in Empfang zu nehmen. Und noch eines musste Frau Krummen organisieren: Ihr Mann bemerkte, dass er gleichentags für den Züchterabend gar keine Halbleinkleidung besass. «Am späteren Nachmittag musste ich noch in ein Geschäft reisen und eine solche an der Stange kaufen», weiss Käthi Krummen noch. Die Hosen seien 3 cm zu kurz gewesen, sonst habe die Kleidung tipptopp gepasst. Ein Jahr später, also 1986, durfte Knospe noch einmal nach Bern reisen, und zwar an die Dauerausstellung an die BEA. Schlussendlich absolvierte sie sechs Laktationen auf dem Betrieb. Züchterisch habe sie leider nicht sonderlich gut vererbt.

Daniel Oberli aus Schangnau

Nun reisen wir ins Jahr 1988 zurück. Damals hat Daniel Oberli aus Schangnau mit seiner reinen Simmentalerkuh Jonas Gräfin die Miss BEA gestellt. Zu Hause bei Oberlis in Schangnau werden noch einmal die Erinnerungen wach, werden noch einmal die schönsten Bilder aus dem Schrank geholt. «Das war schon ein einmaliges Erlebnis», so der Züchter. Eigentlich hätte es Gräfin fast nicht an die Eliteschau geschafft: An der Frühlingsschau 1988 im Kemmeribodenbad wurde Gräfin mit der Maximalnote von 55 55 96 punktiert. Sie konnte noch nicht 98 Punkte machen, da sie die dritte Leistung noch nicht abgeschlossen hatte. Eine andere Kuh in der gleichen Kategorie hatte dies und kam schon mit 55 55 98 auf den Platz. Nun stellte der Experte Gräfin mit ihren 96 Punkten trotzdem auf Platz eins. Nach einer Diskussion mit dem Besitzer der 98-pünktigen Kuh band Oberli seine Gräfin halt auf dem zweiten Platz an der Latte an. Der Experte sah das und brüllte sie an und fragte, was sie da machten, sie sollten gefälligst die Kühe wieder andersrum anbinden.

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Eine starke Konkurrenz

An der Eliteschau angekommen, band Daniel Oberli seine Gräfin in ihrer Kategorie an. «Natürlich haben wir sofort die Konkurrenz unter die Lupe genommen», sagt der Züchter. Er erinnert sich noch, dass damals in der gleichen Abteilung die bekannte Ufa von Hans Aeschlimann, Trub, mitlief. «Ich dachte, die werde ich nicht schlagen können, aber so ein Rang unter den ersten Drei werde wohl drin liegen», so Oberli. Heinz Eberhard aus Pieterlen klassierte damals diese Klasse. Er rief eine Kuh nach der anderen in die Ringmitte, nur Oberli lief mit seiner Gräfin Runde um Runde weiter. «Als schon die ersten fünf Kühe in der Ringmitte waren, habe ich innerlich schon ein wenig geflucht und gedacht, gopfridstutz, wann ruft er mich endlich zu sich», erzählt Oberli lachend.

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Experte hatte Mitleid

Nun hatte auch der Experte Mitleid mit Oberli und rief ihn zu sich. Aber nicht auf Platz sechs, sondern er wies Oberli an, mit seiner Gräfin auf Platz eins zu gehen. «Im ersten Moment war ich völlig sprachlos», erinnert sich der Züchter. Sprachlos war er auch, als später das Publikum seine Gräfin zur Miss BEA kürte. «Überall kamen Leute, die gratulieren wollten, überall kamen Leute, die mich und die Kuh zurechtmachen wollten», schwärmt der Züchter heute noch. Zwei Züchter wollten Gräfin sofort kaufen, 40'000 Franken haben sie geboten. Für kein Geld der Welt hätte Oberli seine Gräfin verkaufen können. Die reine Simmentalerkuh beeindruckte schon damals mit unglaublichen Typ- und Eutereigenschaften, vor allem ihr Euter war eine Klasse für sich: «So wie ich hörte, hatte Gräfin auch am meisten Stimmen für das schönste Euter erhalten», so Oberli. Laut Reglement durfte dieselbe Kuh aber nur einen Titel mit nach Hause nehmen. Schöneutersiegerin 1988 wurde dann Julo Sarina von Willy Habegger aus Roches. Wie Knospe auch stammte Gräfin aus dem Natursprung ab. Ihren Vater Jonas (Fridolin x Klaus) hatten Oberlis im Stall. «Es war ein sehr schöner Stier, welcher auch am Thuner Munimärit im ersten Rang stand», weiss der Züchter noch. Die Mutter von Gräfin war eine 96-pünktige Florian-Tochter. Gräfin absolvierte schlussendlich eine Lebensleistung von 50'000 kg Milch und auch züchterisch hat sie eine 98-pünktige Condor-Tochter mit einer Lebensleistung von 82'000 kg und eine 95-pünktige Kennedy-Tochter hinterlassen.

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Einen Streich gespielt

«Der Miss-Titel war das vierthöchste Gefühl in meinem Leben», schwärmt Daniel Oberli zu Hause am Küchentisch. An erster Stelle komme natürlich seine Frau, dann die Kinder und dann die Urgrosskinder. «Nein, eine selbstgezüchtete Miss BEA zu haben, ist schon verrückt», so Oberli. Nachdem er mit Gräfin in Bern gewonnen hatte, musste er natürlich hier und dort eine Flasche Wein springen lassen. Und noch eine Anekdote gibt Oberli zum Besten: «Als ich mit Gräfin und der Kuh von Gfellers im Wald von Bern nach Hause fuhr, luden wir zuerst Gfellers Kuh aus der Viehbänne und begleiteten sie in den Stall. In der Zwischenzeit versuchte dann der Nachbar meine Gräfin aus der Bänne zu entführen, ein Scherz, den ich natürlich sofort bemerkte», sagt Oberli lachend.

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35. Bernische Eliteschau am Freitag, 5. Mai 2023
Am Tag der Bernischen Fleckviehzüchter findet auch die 35. Bernische Eliteschau an der BEA statt. Die Eliteschau startet um 09:30 in der Halle 15. Die BauernZeitung ist vor Ort.

Alle Missen der Bernischen Eliteschau